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Möglichst (un)auffällig

Februar 2024 ⁄ 000 Wörter⁄ Bild © Pexels Rachel Clair

Es gibt Farben, an die wir uns leichter erinnern, weil sie unsere Aufmerksamkeit erregen. Aber gilt das auch für farbige Objekte? Dieser Frage ist ein Team von Psychologen in einer Studie nachgegangen.

Manche Farben haben eine besondere Bedeutung. So auch die Farbe Rot. Für Tiere und Menschen ist Rot lebenswichtig. Das sagen Wissenschaftler. Forschungsergebnisse zeigen, dass Rot die Wirkung äußerer Reize verstärken kann, sowohl auf angenehme als auch auf abstoßende Weise. Sie zeigen, dass Rot die Attraktivität von Frauen und Männern erhöht, aber auch die Wirkung negativer Reize verstärkt. Je nach Kontext kann Rot als Appetitsignal oder als Warnsignal dienen, z.B. in der Tier- und Pflanzenwelt für Abwehr oder Ungenießbarkeit.

Doch beeinflusst Farbe auch unser Gedächtnis? Evolutionstheoretische Überlegungen und neuere Forschungen aus der Psychologie legen nahe, dass die Farbe Rot auch als Signal für die Bedeutung eines Gegenstandes fungiert. Es gibt jedoch keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass diese Signalfunktion der Farbe Rot auch das menschliche Gedächtnis, die Erinnerungsfähigkeit an einen Gegenstand, beeinflusst.

Bleibt rotes besser im Gedächtnis? Das wurde bisher vermutet, weil Rot als Signalfarbe die Aufmerksamkeit erhöht. Wissenschaftler sehen in der Aufmerksamkeit eine der wichtigsten Voraussetzungen für das Behalten von Merkmalen in der Objektdarstellung. Wenn ich etwas aufmerksam betrachte, kann ich es mir auch besser merken.

Und weiter gefragt: Wie ist die Objektbindung einer Farbe? Werden Objekte und ihre Eigenschaften wie Farbe untrennbar als Einheit wahrgenommen? Erhöht Rot den Informationsgehalt von Gegenständen? Eine bessere spätere Erinnerung an die Objekte wäre ein sicheres Indiz dafür.

Für uns Markendesigner lautet die Frage: Wie verändert sich die Merkfähigkeit von Zeichen und Objekten aufgrund ihrer Farbe? Sind rote Logos leichter zu merken als blaue Logos? Ist eine Marke untrennbar mit einer Farbe verbunden? Einprägsamkeit und Erinnerungswert sind wichtige Kriterien für die Qualität eines Markendesigns.

Die Studie

Ziel der vorliegenden Studie war es, zu untersuchen, ob die Farbe Rot auch das menschliche Gedächtnis beeinflusst. Wenn Rot als Signal für die Wichtigkeit eines Objekts dient, dann könnte auch die spätere Erinnerung an ein Objekt verbessert werden, wenn das Objekt rot eingefärbt ist.

Ausgehend davon, dass sich rot oder orange eingefärbte Wörter oder Objekte leichter merken lassen, untersuchte ein Team des Instituts für Psychologie der Universität Regensburg unter der Leitung von Prof. Dr. Christof Kuhbandner den Einfluss der Objektfarbe auf die spätere Erinnerung.

In mehreren Experimenten wurden Versuchspersonen Objekte in den Grundfarben Rot, Grün, Blau und Gelb gezeigt. Anschließend analysierten die Forscher, wie gut sich die Teilnehmer an die verschiedenen Objekte und ihre Farben erinnern konnten. Während der Experimente variierten sie die Art der Objekte (Wörter oder Bilder), die Komplexität der Objekte (ein Objekt oder mehrere Objekte) und die Art des Lernens (bewusstes oder unbewusstes Lernen).

Die Farben Rot, Blau, Gelb und Grün wurden ausgewählt, weil sie psychologische Primärfarben darstellen und zu der begrenzten Anzahl von Grundfarben gehören, die in verschiedenen Kulturen eindeutig identifiziert werden können.

Die vollständige Studie können Sie hier nachlesen und herunterladen.

Frontiers in Psychology: Differential binding of colors to objects in memory: red and yellow stick better than blue and green.

Das Ergebnis

Wie sich nach vier Einzelexperimenten herausstellte, war der Ausschlag zu Gunsten von Rot nicht signifikant genug, um daraus eine gesicherte Erkenntnis abzuleiten. Ob Rot, Orange, Grün, Gelb oder Blau - die Farbe hatte keinen Einfluss darauf, ob sich die Probanden überhaupt an das Wort oder den Gegenstand erinnerten. Was sich aber herausstellte, und vielleicht ahnt es der Leser: Der umgekehrte Fall trat ein. Nicht das Objekt, aber die Farbe blieb haften. Obwohl die Farbe keinen messbaren Einfluss auf die allgemeine Erinnerung an die bloße Anwesenheit bestimmter Objekte hatte, beeinflusste sie die Erinnerung an die Farbe der Objekte selbst. Die Probanden konnten sich im Durchschnitt besser an die Farbe eines Gegenstandes erinnern, wenn dieser in Rot oder Orange präsentiert wurde. Für die Wissenschaftler war nun klar, dass Objekte und ihre Eigenschaften, wie Farbe, nicht immer als untrennbare Einheit behandelt werden. Die Experimente zeigten auch, dass die Farbe das subjektive Urteil der Probanden über ihre eigenen Farberinnerungen beeinflusste. Insbesondere bei roten Objekten gaben die Probanden zuverlässige Urteile über die Richtigkeit ihrer Farberinnerungen ab. Während sie bei grünen Objekten eher unzuverlässig waren.

Mögliche Anwendung

Die Ergebnisse dieser Studie sind wichtig für die Erforschung von Farben und wie das Gehirn Informationen verarbeitet. In vielen Studien wurden Farben oft willkürlich eingesetzt, um verschiedene kognitive Funktionen zu untersuchen, ohne systematische Effekte verschiedener Farben zu berücksichtigen. Die vorliegenden Ergebnisse könnten in verschiedenen Situationen nützlich sein, zum Beispiel bei Zeugenaussagen. Zeugen werden oft gebeten, sich an die Farbe der Kleidung einer Person, die Farbe eines Autos oder anderer Gegenstände zu erinnern. Die Forschungsergebnisse zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit, sich an Farben zu erinnern, variiert. Beispielsweise erinnern sich Zeugen eher an Rot oder Gelb, während es schwieriger ist, sich an Farben wie Blau oder insbesondere Grün zu erinnern. Außerdem können Zeugen bei roten Objekten besser zwischen echten und falschen Farberinnerungen unterscheiden als bei grünen Objekten. Schön ist deshalb der Schlusssatz der Studie:

„Wenn man ein schlauer Gangster wäre, sollte man eher ein grünes als ein rotes oder gelbes Auto fahren.“

Schlussfolgerung

Ist ein rotes Logo auffälliger als ein blaues? Ja! Sollten alle Logos rot sein? Nein! Rot fällt auf, ja. In einem Meer aus Blau. Rot bis Gelb eignen sich als Signal- und Akzentfarben, weil sie Aufmerksamkeit erregen, aber auch nur im Kontrast. Es bleibt dabei, die Logowelt teilt sich zu Recht zu relativ gleichen Teilen in Rot und Blau. 

Gelernt haben wir Folgendes: Fragt man nach der Farbe eines benannten Logos, so erhält man bei Rot eine sichere Antwort, bei Blau oder Grün eher eine vage Schätzung. Wichtig für uns ist die Differenzierung zum Wettbewerb. Da hilft jede Farbe, die anders ist. Eine neue Frage tut sich auf: Ist in der Wahrnehmung die Form stärker als die Farbe? //rb