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Die Kunst der Bilduntertitelung

 

April 2024  ⁄  1000 Wörter  ⁄  Bild © pexels Markus Spiske

Wer kennt nicht den Satz: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Doch wie steht es mit der Bildunterschrift? Oft wird sie vernachlässigt, oder als notwendiges Übel betrachtet. Höchste Zeit, sich mit einem Hidden Champion des Content-Marketings näher zu beschäftigen.

Denn in dem vermeintlich unscheinbaren kleinen Text namens Bildunterschrift steckt viel mehr Potenzial, als man bei oberflächlicher Betrachtung vermuten würde. Bildunterschriften können mehr sein als eine bloße Wiederholung des bereits visuell dargestellten. Eine Bildbeschreibung, die lediglich das Offensichtliche des Bildinhaltes in Textform wiedergibt, ist banal und ohne jeglichen Nutzwert für den Leser. Eine gute Bildunterschrift langweilt den Betrachter nicht mit überflüssigen Informationen. Sie bietet ihm vielmehr zusätzliche Einsichten, die über das Bild hinausgehen und schafft einen Mehrwert. Rund 90 Prozent der Leser schauen zuerst auf das Foto. Und als Zweites? Auf die Bildunterschrift. Die entscheidet oft darüber, ob der Artikel überhaupt gelesen wird oder nicht. Bildunterschriften sind oft die ersten Worte der Information und sollen neugierig machen, damit sich der Leser mit dem eigentlichen Text beschäftigt.

Bevor wir jedoch zu den Tipps für eine bessere Bildunterschrift kommen, klären wir einige technische Details:

Die sichtbare Bildunterschrift (frontend)

Die sichtbare Bildunterschrift besteht in der Regel aus zwei Elementen: erstens der Bildbeschreibung und zweitens dem Bildnachweis, in dieser Reihenfolge. Beim Bildnachweis geht es darum, den Lizenzgeber des Bildes und gegebenenfalls auch den Fotografen zu nennen, je nachdem, welche lizenzrechtlichen Verpflichtungen bestehen. Die Bildbeschreibung hingegen erfordert echte redaktionelle Arbeit und wird oft als lästige Pflichtübung empfunden. Deshalb wirken sie oft lieblos und uninspiriert. Dabei bietet die Bildbeschreibung nicht nur in Konsumententexten, sondern auch in redaktionellen Texten die Chance, eine interessante Zusatzbotschaft zu transportieren und Interesse für den eigentlichen Haupttext zu wecken.

Die unsichtbare Bildunterschrift (backend)

Im Rahmen der Barrierefreiheit sollten Sie beachten, dass Sie für Ihre Bilder immer Metadaten angeben müssen. Dazu gehören neben der Bildbeschreibung ein Alternativtext und ein Titeltext. Der Alternativtext wird angezeigt, wenn das Bild nicht geladen werden kann und wird von Vorleseprogrammen vorgelesen, die sonst nur „Bild“ vorlesen würden. Der Titeltext wird angezeigt, wenn man mit dem Cursor über das Bild fährt. Dies ist der Name der Bilddatei, oft mit Dateiendung.

Bei der Suche nach einem passenden Bild sollte nicht die spätere Bildbeschreibung eingegeben werden, sondern das gewünschte Motiv, also genau das, was das Bild darstellen soll und was in der sichtbaren Bildunterschrift vermieden werden soll. Dies entspricht auch dem Alternativtext für die Barrierefreiheit. Im obigen Beispiel wäre das „Parkendes Auto vor einem Haus“.

Sie müssen also immer gedanklich die Brücke schlagen zwischen dem, was abgebildet ist, und dem, was Sie sagen wollen.

Nun zu unseren Tipps.

Inhalt und Aussage

Vermeiden Sie bei der Erstellung der Bildbeschreibung die Wiederholung wesentlicher inhaltlicher Elemente aus dem Titel oder dem Einleitungstext. Die Bildbeschreibung ist ein eigenständiges Inhaltselement und sollte eine eigene Aussage enthalten. Greifen Sie dazu einen besonderen Aspekt des Fotos auf, der für Ihr Thema relevant ist, und arbeiten Sie diesen in der Bildbeschreibung entsprechend heraus.

Versetzen Sie sich in den Leser! Sie können sich der Bildbeschreibung nähern, indem Sie versuchen, die Fragen zu beantworten, die sich beim Betrachten des Bildes aufdrängen: Wer sind die Personen, was machen sie und wo wurde das Bild aufgenommen? Welche Fragen im Einzelnen beantwortet werden, hängt vom Thema und der Zielgruppe ab. Wenn Sie beispielsweise über ein neues Automodell berichten oder über den Trend, dass Männer wieder Hüte tragen, interessiert den Leser vermutlich weniger, wo genau das abgebildete Fahrzeug aufgenommen wurde oder wie der Hutträger heißt. Im Bereich der Produktkommunikation schlagen Sie die Brücke zwischen Bildinhalt und Produktnutzen und beschreiben, welchen Vorteil der Leser von Ihrem Produkt hat. Im redaktionellen Kontext liefern Sie Informationen, die das Foto nicht liefert, die unsichtbar sind. Seien Sie konkret, damit das Bild Ihnen helfen kann, das Produkt zu verkaufen, oder den Leser neugierig macht, den ganzen Artikel zu lesen.

Wenn das Bild zum Beispiel ein Einfamilienhaus zeigt, vor dem ein Auto parkt, sollte die Bildbeschreibung nicht lauten: „Ein Auto parkt vor einem Haus“. Bieten Sie Ihren Lesern stattdessen mindestens eine Zusatzinformation, die über die reine Beschreibung des Motivs hinausgeht. Ideal ist es, wenn es Ihnen gelingt, den Leser neugierig auf den dazugehörigen Artikel zu machen.

Im obigen Beispiel mit den parkenden Autos könnte die Bildbeschreibung lauten: „Der Trend zum Zweitwagen ist ungebrochen“. Und wenn noch Platz ist, könnte man ergänzen: „Umso wichtiger ist die Wahl der richtigen Kfz-Versicherung“. Und schon wäre eine elegante Verbindung zu einem entsprechenden Ratgeberartikel hergestellt.

Nehmen wir als Beispiel ein innovatives Tennis-Shirt, das speziell für sportliche Höchstleistungen entwickelt wurde. Statt einfach zu sagen: „Milton Tennis-Shirt, klimaregulierend“, können wir das Unsichtbare in eine Geschichte verpacken: „Damit Sie cool bleiben: Unser Milton Tennis-Shirt leitet die Hitze zuverlässig ab - dank neu entwickelter Hochleistungsfasern“. Diese Bildunterschrift geht über die reine Produktbeschreibung hinaus und vermittelt dem Leser einen klaren Nutzen: die Möglichkeit, auch bei intensivem Training kühl und komfortabel zu bleiben.

Anstatt einfach nur zu sagen: „Die neue Kollektion von XYZ Fashion“, könnte die Bildunterschrift weitere Informationen liefern, z. B.: „Entdecken Sie die zeitlose Eleganz unserer neuesten Kollektion: klassische Schnitte, nachhaltige Materialien und unvergleichliche Handwerkskunst“. Diese Bildunterschrift liefert nicht nur Informationen über die Kollektion, sondern hebt auch die Werte und den Stil der Marke hervor, um das Interesse des Betrachters zu wecken und ihn zu ermutigen, mehr zu erfahren.

Stellen Sie sich vor, Sie betrachten ein Foto von einem atemberaubenden Sonnenuntergang über dem Ozean. Die Bildunterschrift könnte einfach lauten: "Spektakulärer Sonnenuntergang am Strand". Was aber, wenn die Bildunterschrift stattdessen lautet: „Lassen Sie sich von der Schönheit des Lebens verzaubern: Genießen Sie den Moment, wenn die Sonne sanft im Meer versinkt und die Welt in warme Farben taucht“? Plötzlich wird das Bild lebendig und der Betrachter wird eingeladen, eine emotionale Verbindung zum Bildinhalt herzustellen.

Achten Sie auf den sogenannten Picture Superiority Effect. Dieser Effekt besagt, dass wir uns Bilder in der Regel besser merken als Worte. Das visuelle System ist einfach effizienter bei der Verarbeitung und Speicherung von Informationen. Texte zu entschlüsseln, ist eine vergleichsweise junge Errungenschaft der menschlichen Evolution. Doch wie wirkt sich dieser Effekt auf die Wirkung von Bildunterschriften aus? Versucht man, ein gewalttätiges Bild durch die Bildunterschrift in eine mildere Richtung zu lenken, zu relativieren, so bleibt nur die gezeigte Gewalt im Gedächtnis des Betrachters haften, der Text hat keine Wirkung. Deshalb sollten Bildunterschriften nicht im Gegensatz zum Bild stehen, sondern es ergänzen, in die gleiche Richtung weiterführen.

Stil und Länge

Der Sprachstil einer Bildbeschreibung spielt eine entscheidende Rolle, um die gewünschte emotionale Reaktion beim Betrachter hervorzurufen. Die Beschreibung sollte in einer klaren und leicht verständlichen Sprache verfasst sein und die richtige Mischung aus Information und Emotion bieten. Ein Beispiel für einen guten Stil könnte sein: 'Erleben Sie die unvergleichliche Schönheit unserer neuen Sommerkollektion: Leichte Stoffe, lebendige Farben und zeitlose Designs, die Ihren Stil perfekt ergänzen.' Diese Bildunterschrift spricht nicht nur die visuellen Elemente der Kollektion an, sondern erzeugt auch ein Gefühl von Begeisterung und Vorfreude beim Betrachter.

Statt nur zu sagen: „Exklusive Handtasche aus hochwertigem Leder“, können Sie eine Geschichte erzählen: „Stilvoll unterwegs: Unsere [Produktname] aus feinstem italienischem Leder verleiht Ihnen einen Hauch von Luxus und bietet gleichzeitig ausreichend Platz für all Ihre Essentials.“

Bildunterschriften können nicht nur den Produktnutzen beschreiben, Emotionen wecken oder zum Haupttext überleiten, sondern den Betrachter auch zum Nachdenken anregen, indem sie eine Geschichte erzählen. Beispielsweise könnte die Bildunterschrift zu einem Foto eines Löwen in der Savanne lauten: 'Majestätischer Löwe in seiner natürlichen Umgebung'. Oder sie könnte etwas Tiefgründigeres vermitteln, wie: „Entdecken Sie die unberührte Schönheit der Wildnis: Ein Löwe ruht in seiner Heimat, ein Symbol für die Kraft und Anmut der Natur.“

Ein weiteres wichtiges Element einer guten Bildunterschrift ist ihre Länge. Die Bildunterschrift bildet einen abgeschlossenen Informationsblock und soll für sich allein stehen. Gleichzeitig steht wenig Platz zur Verfügung. Der Trend geht in Richtung einer immer längeren Bildunterschrift über mehrere Zeilen. Versuchen Sie trotzdem, die Bildunterschrift kurz und prägnant zu halten, mit ein bis maximal zwei kurzen Hauptsätzen. Bewahren Sie die Aufmerksamkeit der Leser und vermeiden Sie überflüssige Details. Instagram zeigt, wie effektive Bildunterschriften genutzt werden können, um eine Geschichte zu erzählen und eine emotionale Verbindung herzustellen, auch wenn der Platz begrenzt ist. Eine mögliche Bildunterschrift für einen Instagram-Post könnte wie folgt lauten: „Neues Produkt in limitierter Auflage jetzt verfügbar! 🌟 Werden Sie Teil der #XYZCommunity und sichern Sie sich Ihren exklusiven Style.“

Wie macht es die Kunst?

Mit Bildtiteln können Künstler Geschichten zu ihren Werken erzählen. Gerade wenn sie sich in der Reduktion oder Abstraktion befinden, ist es ihnen ein Anliegen, Unsichtbares in Textform „sichtbar“ zu machen. Nach Berichten der Magazine Monopol und Der Spiegel haben Wissenschaftler auf einem der prägendsten Bilder des 20. Jahrhunderts, dem "Schwarzen Quadrat" von Kasimir Malewitsch (1878-1935) eine angebliche Inschrift entziffert. Sie lautet sinngemäß: "Schlacht der Schwarzen in einer dunklen Höhle". Auch der Maler Klee (1879-1940) hilft bei der Betrachtung seiner Tierdarstellungen mit poetischen Titeln auf die Sprünge.

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