Nach links - Richtung Westen
März 2024 | 20 Min Lesezeit | Image © Jan Kopriva on unsplash
Bei Markenzeichen zeigen die Köpfe von Tieren und Menschen oft nach links. Ist dies beabsichtigt, hat es eine tiefere Bedeutung oder ist es Zufall? Machen wir eine längere Reise und suchen nach Hinweisen in Normen und Kulturen.
Als Einstieg möchte ich ein altes Fernsehinterview mit dem Hamburger Stardesigner Peter Schmidt zitieren. Seine Agentur war damals für das Verpackungsdesign der lila Milka-Schokolade verantwortlich. Auf die Frage der Moderatorin, warum die lila Kuh von Milka nach links schaut, antwortete er: "Willst du zuerst den Hintern oder das Gesicht sehen? Für mich als Markendesigner stellte sich damit die Frage: Gibt es eine bewusste Richtung bei Tiersignets und ist sie von unserer Leserichtung beeinflusst?
Persönlich hat mich diese Frage während meiner Zeit als Creative Director bei Interbrand beschäftigt. Wir hatten einen Pitch für den Relaunch der Zigarettenmarke Camel gewonnen. Sie war im Besitz von Japan Tobacco International, damals noch keine “Bad Industry”. Der damalige Marketingleiter freute sich mit uns, bat uns aber: „Ihr könnt alles machen, aber ‘dreht das Biest nicht um“. Mit “Biest” war intern das Kamel gemeint. Und das war in jeder Darstellung nach links gedreht. Auf die Frage nach einer Erklärung antwortete er, dass ihm bisher jede Agentur die Idee verkaufen wollte, dass der Hals des Tieres eine positive Aufwärtsbewegung nach rechts beschreiben könne und deshalb nach rechts gespiegelt werden müsse. Aber auch wir sahen darin keinen Fortschritt und blieben beim „linksdrehenden Tier".
Nur gespiegelt
Richtig interessant wurde das Thema für mich durch einen Auftrag der österreichischen OMV-Tankstellenmarke AVANTI. Es ging darum, einen rechtlichen Konflikt mit der Marke FERRARI zu lösen. Beide Marken zeigten nahezu identisch ein sich nach links aufbäumendes Pferd. Genau an dieser Tierdarstellung hatte Ferrari aber die deutlich älteren Rechte. Der Auftrag an uns war, das Pferd von AVANTI so zu verändern, dass der rechtliche Konflikt "umgangen" werden konnte. Mein Kollege hatte dann die aus seiner Sicht glorreiche Idee, das Pferd einfach zu spiegeln. Dann würde es schon anders aussehen. Was für ein Irrtum. Möglicherweise hätten wir einen neuen Konflikt mit der deutschen Tankstellenmarke WESTFALEN. Deren Pferd springt nach rechts, auch wenn es etwas anders aussieht. Und der rechtliche Konflikt mit FERRARI wäre damit nicht beendet, weil die Darstellung immer noch zu ähnlich ist. Bei unseren Versuchen ist mir aufgefallen, dass ein vom Ursprung gespiegeltes Pferd einen falschen optischen Eindruck vermittelt. Es wirkt “verkehrt herum”. Muss eine Darstellung immer die Richtung beibehalten, in der sie gezeichnet wurde? Entwerfen wir je nach Richtung anders? Haben wir ein Links-Rechts-Gefühl bei der Betrachtung? Und gilt das auch für uns, bezogen auf die Himmelsrichtungen und unsere lokale Orientierung? Diesmal wollte ich der Sache auf den Grund gehen und begann zu recherchieren. Inzwischen ist das Pferd bei AVANTI ganz verschwunden, was wohl die beste Lösung ist.
Plötzlich nach rechts
Auslöser für diese Publikation war das Feedback auf einen meiner Vorträge, in dem ich die Richtungsänderung bekannter Bildzeichen vorstellte, wie die bereits erwähnte lila Kuh von MILKA, den Hasen der Lego-Spielzeugmarke DUPLO, das Kind im Markensymbol des Lebensmittelkonzerns DANONE und den Hahn des französischen Sportartikelherstellers LE COQ SPORTIF. Die lila Kuh blickt uns namenlos nach rechts schauend entgegen, der Duplo-Hase duckt sich kleinmachend nach rechts hinter die Buchstaben. Auch das Danone-Kind schaut nicht mehr nach links, sondern nach rechts hoch zum Stern, und der gallische Hahn kräht neuerdings der aufgehenden Sonne entgegen. Aber warum diese Veränderung? Liest man die Worte der jeweiligen Verantwortlichen, ist von Neuorientierung, Zukunft, Offenheit und Nachhaltigkeit die Rede. Aber ist das wirklich so? Empfinden wir die neue Richtung der Symbole als fortschrittlich?
In der Mehrheit
Vor diesem Hintergrund habe ich mich intensiv mit der Frage nach der richtigen Blickrichtung für Tiersymbole beschäftigt und alle möglichen Bildzeichen von Firmen, Organisationen und Marken gesammelt. Sehr schnell kristallisierte sich eine starke Mehrheit für die Blickrichtung nach links heraus. Ich spreche von Marken der westlichen Welt. Diese Mehrheit findet sich übrigens auch in den Wappen, den sogenannten Hoheitszeichen, in denen Adler, Löwen, Pferde, Drachen, Bären und Einhörner ihr Unwesen treiben. Doch damit nicht genug: Auch bei seitlichen Kopfdarstellungen überwiegt die Blickrichtung nach links. Als Erklärung findet sich häufig die Leserichtung von links nach rechts.
Und tatsächlich, macht man den Versuch, die Bildzeichen zu spiegeln, bekommt man das Gefühl, dass hier etwas nicht stimmt. Das mag zunächst daran liegen, dass wir gemäß einer Studie1) in der Lage sind, Figuren als weniger ausdrucksstark wahrzunehmen, wenn sie entgegen der ursprünglich angelegten Form einfach nur gespiegelt wurden. Aber das heißt ja nicht, dass alle nach rechts blickenden Bildzeichen falsch sind. Gibt es eventuell triftige Gründe für einen Wechsel, den Blick nach rechts? Oder sprechen noch weit wichtigere Gründe für eine Blickrichtung nach links, die diese Mehrheit bestätigen?
Früher
Willst du wissen, mit wem du es zu tun hast, dann schaue ihm von links kommend ins Gesicht. Es ist zunächst die westliche Leserichtung, die uns die Blickrichtung von Tiersymbolen und Kopfprofilen nach links vorgibt. Es könnte aber auch sein, dass wir sie intuitiv als natürlich und richtig verstehen. Als eine Art angeborener Kompass. Fangen wir ganz vorne an. Wie war es im Kindesalter, bevor wir schreiben lernten und wir nur das Malen und Zeichnen als Ausdrucksmittel hatten? Betrachten wir die Bilder von Kindern im Vorschulalter, so können wir feststellen, dass die Köpfe und Gesichter fast immer frontal aus dem Bild zu uns schauen. Bei Tierdarstellungen hingegen gibt es auch seitlich blickende Darstellungen. Aber es ist zu vermuten, dass hier eher Illustrationen aus Kinderbüchern nachgeahmt werden. Die Ähnlichkeit ist zu groß und eine gemeinsame Richtung findet sich nicht. Entsteht also tatsächlich die Präferenz für die eine oder andere Blickrichtung für Kopf und Tier erst mit dem Lesen und Schreiben?
Schwedische Wissenschaftlerinnen untersuchten Ende des letzten Jahrhunderts Kinderzeichnungen afrikanischer Kinder, um damit möglichst unvorbelastet von Massenmedien, Magazinen, Fernsehen und anderen Bewegtbildern weitreichende Erkenntnisse zu gewinnen. Sie berichteten in ihren Ergebnissen, dass Kinder sogar erst ab dem 10. Lebensjahr in der Lage sind, das Frontal-Schema zu verlassen und dass die Profildarstellung nach links häufiger gewählt wird als die zur rechten Seite. Die nachträgliche Vermutung, dies hätte mit der überwiegenden Rechtshändigkeit zu tun, also beginnend mit dem komplexeren Kopf oder Profil, bleibt unbestätigt2). Was allerdings einleuchtet ist, dass Kinder mit 10 Jahren eine ausgebildete Lese- und Schreibfähigkeit besitzen können, um diese dann auch bei Tier- und Kopfdarstellungen anzuwenden.
Gehen wir noch weiter zurück. Wie war es in der Frühzeit unserer bildlichen Darstellungskunst? Schauen wir uns Höhlenmalerei, alte Münzprägungen oder Darstellungen des Altertums an. Egal aus welchem Jahrhundert, es findet sich keine Mehrheit für die eine oder andere Darstellungsrichtung. Auch bleibt offen, inwieweit unsere Vorfahren bei der Herstellung eines Prägestempels Rücksicht auf die durch das Prägen entstehende Richtungsänderung genommen haben. Zudem ist die Richtungsdarstellung von Tieren und Menschen eher im Kontext der dargestellten Erzählung und Szenen zu sehen und weniger in Bezug auf die Leserichtung oder einer Rechtshändigkeit. Wie war es überhaupt um die Lese- und Schreibfähigkeit derjenigen bestellt, die mit der Erstellung von Tier und Kopfdarstellungen betraut waren? Wohl mal mehr und mal weniger. Dies würde die Theorie unterstützen, dass erst mit dem Buchdruck, der Verbreitung von Schriften und der fortschreitenden Fähigkeit von Lesen und Schreiben, der damit verbundene Lesefluss von links nach rechts Auswirkungen auf unsere allgemein bildende Wahrnehmungsempfindung nehmen konnte.
Heute
Nach wie vor blicken wir heute auf Darstellungen in Medien on- und offline mit einem zweidimensionalen Blick. Bekannte Gestaltungsregeln des 20. Jahrhunderts, wie zum Beispiel die Blickrichtung von Personen in das Format, also eine layoutabhängige Blickrichtung oder die als positiv empfundene Aufwärtsbewegung von links unten nach rechts oben spielen immer noch eine wichtige Rolle und sind Grundlagen gestalterischer Mittel. Dies mag auch der Grund sein, die goldene Dove Taube und den hellblauen Twitter Piepmatz, beide in einer eher abstrakten Darstellung, nach rechts in einer positiven Aufwärtsbewegung fliegen zu lassen. Und so hat man wohl auch für das Krokodil bei Lacoste gedacht. Der mächtige Schwanz peitscht nun ganz positiv nach rechts oben. Mit dem aufgerissenen Maul nach rechts wirkt das Reptil auch weit weniger gefährlich. Als bewussten Bruch mit den üblichen Gestaltungsregeln lässt Apple in seiner Imageanzeige den Protagonisten nach rechts unten und aus dem Format schauen: "Think different“.
Der Landesfilmdienst Baden-Württemberg meint zum Thema Bildgestaltung: "Geht eine Person von links nach rechts durch das Bild, signalisiert dies Aufbruch und Zukunft. Bewegt sie sich von rechts nach links, assoziieren wir dies mit Zurückkommen und der Vergangenheit. Ähnliches gilt auch für die Blickrichtung einer Person"3). Das würde erklären, warum Danone ihr Kind im Kreis von links hochschauend nach rechts hochschauend gedreht haben. Der Leserichtung folgend befindet sich der Fortschritt rechts, wie auch bei jedem simplen Videospiel. Aber eben auch der Aufbruch. Ob das auch bei Jonnie Walker so gewollt war? Im Gegensatz zu älteren Darstellungen greift der Striding Man heute an seinen Hut, grüßt und bricht auf, nach rechts. Der alte Werbespruch von 1995 müsste jetzt lauten "Der Tag kommt, Jonnie Walker geht". Und hoffentlich nimmt er auch gleich den Kater mit.
Aber wir wollen nicht je nach Verfassung und Tageszeit die Richtung des Bildzeichens ändern, sondern uns gerade bei Unternehmenszeichen auf eine einheitliche Darstellung und spontane Erkennbarkeit verständigen.
Linksdrall
Wie beeinflussen uns Sehgewohnheiten aus Bewegungsabläufen? Wir steigen von links auf das Pferd, was seinen Ursprung im Militärischen hat. Wer das Schwert praktischerweise links am Gürtel trägt, kommt so leichter aufs Pferd. Dieses Rechtshänderverhalten ist eine der Theorien, die uns in der Vergangenheit zum Linksverkehr geführt hat. Man ritt sein Pferd mit der linken Hand, um dem Gegner mit der rechten Waffenhand begegnen zu können4). Wir steigen auf das Motorrad und Fahrrad über die linke Seite und inzwischen auch mehrheitlich in das Auto von links ein. Letzteres ist eine Folge der Feldzüge des mutmaßlichen Linkshänders Napoleon, der den eroberten Gebieten den Rechtsverkehr aufzwang5). Wenn wir uns also von links auf oder in unser Fortbewegungsmittel schwingen, dann zeigt die Schnauze im entscheidenden Moment auch nach links. Reicht das, um die Blickrichtung nach links als gewohnt und vertraut zu erklären?
Links herum fühlen wir uns wohler.
Dass wir einen Linksdrall haben, ist unbestritten. Wenn wir uns in der Wüste verlaufen, dann kommen wir in einem Linksbogen wieder am Ausgangspunkt an, obwohl wir vermeintlich nur geradeaus gegangen sind. Laufwettbewerbe, Eisschnelllauf, Radrennen, alle Rennen in Stadien finden links herum statt. Dass dies, wie mancherorts behauptet, vom Linksverkehr abstamme, ist natürlich Unsinn. Denn, wie sich leicht an einem Kreisverkehr ablesen lässt, bewegt sich der Linksverkehr im Uhrzeigersinn und der Rechtsverkehr gegen die Uhr, also links herum. Napoleon sei Dank. Auch Drehkreuze und Drehtüren gehen links herum. Das alles passt nun eher dazu, dass wir Menschen eine leicht höhere Aufmerksamkeit für Dinge haben, die links von uns geschehen. Wer nach links schaut, dreht den Körper minimal in diese Richtung ein und kann somit auch leichter Linkskurven durchsteuern. Dies machen sich auch Handelsunternehmen zunutze. Studien6) zufolge sind 90 % der Handelsunternehmen so aufgebaut, dass wir uns gegen den Uhrzeiger bewegen und damit beim Shoppen wohlfühlen, kaufbereiter sind. Die Discounter hingegen streben eine kurze Verweildauer an, indem sie die Drehrichtung einfach nach rechts herum ändern. Sie haben nichts von Kunden, die drei Minuten vor dem Regal stehen und überlegen.
Nach Westen
Gibt es neben der Sehgewohnheit, Linksdrall, Rechtshändigkeit und der Leserichtung auch eine symbolische Bedeutung, die für die eine oder andere Blickrichtung spricht? Was sagt uns der Blick in Verbindung mit den Himmelsrichtungen?
Tatsache ist, dass wir von Europa gen Westen aufbrachen, um die Welt zu entdecken oder besser zu erobern. Dem gegenüber sehen wir in Europa die Bedrohung für Wohlstand, Leib und Seele immer aus dem Osten kommend. Angefangen von den Horden Dschingis Kahns über Türkenangst, Asylantenflucht bis zu neuerdings heftigen Hackerangriffen und kriegerischen Überfällen. Stellen wir uns also abwehrend mit dem Rücken zum Osten? Wir suchen unsere Freunde eher im Westen und trauen dem Osten so gar nicht über den Weg. Die Verbindung mit dem Osten suchen wir nur aus strategischen und wirtschaftlichen Gründen, nicht mit dem Herzen. Das Zitat eines finnischen Holzfällers lautete im April 2022: Der Westen ist licht und weich, der Osten hart und kalt.7-2 (Stern. 5.5.2022, S.38)
Auch die italienische Händlefamilie Polo suchte schon im 13. Jhd. nach wirtschaflichen und strategischen Möglichkeiten im Osten. Als Marco Polo nach Osten aufbrach, tat er dies auch mit dem päpstlichen Auftrag im Gepäck, doch bitte den mongolischen Großkahn zum Christentum zu bekehren und anschließend als Bündnispartner gegen den Islam zu gewinnen7-1).
Nicht nur kriegerische Horden, auch Krankheiten überfallen uns hin und wieder aus Richtung Osten. Zur Zeit der Pest in Europa war die akademische Medizin von der Theorie überzeugt, die Krankheit sei von böser Luft verursacht worden, die im Osten vom Himmel gefallen seiund zu uns wehte8). Wir wissen heute, dass damals die Viren über die Handelswege zu uns kamen und heute bequem per Flugzeug um die Welt reisen.
Apropos Wind. Es fällt auf, dass in vielen europäischen Städten die Villenviertel im Westen liegen, so zum Beispiel in Berlin (Grunewald), London (Kensington), Paris (16.Arrondissement) und auch in Hamburg (Elbvororte). Mit der Industrialisierung Ende des 19.Jhd. wuchsen die europäischen Innenstädte zu riesigen Moloche, stinkend nach Kloake und Kohlendreck. Industrien siedelten vorwiegend im Ostteil der Städte. Und so reckte die bessere Gesellschaft, dank der vorherrschenden Westwinde, ihre Nasen in Richtung Westen nach frischer Luft. Mancher mag auch schon den Satz gehört haben: „Westwind reinigt".
Andersherum
Andersherum
Inwieweit Gewohnheit, Linksdrall, Westwind oder kulturell und historisch geprägte Gedankenmuster für die Orientierung eines Bildzeichens sprechen, bleibt weiterhin Theorie und Spekulation. In jedem Fall sollte die Wahl der Blickrichtung überlegt sein. Vieles spricht für die Leserichtung als Orientierung. Genauer gesagt die Blickrichtung entgegen der Leserichtung, wenn es um die Erkennbarkeit geht und mit der Leserichtung in einer Aufwärtsbewegung, wenn das Bildzeichen eher abstrakt ist und die Ästhetik im Vordergrund steht. Daraus folgend dreht sich in Kulturen, in denen von rechts nach links gelesen wird, die Richtung um. Ein gutes Beispiel ist das Logo der israelischen Post. Doch Vorsicht! Auch die westliche Leserichtung ist hier allgegenwärtig. Deshalb sollte das Bildzeichen nie alleine stehen, sondern in Kombination mit einem Schriftzug, der die jeweilige Leserichtung vorgibt.
Der Einfluss der Rechtshändigkeit auf die Profildarstellung von Gesichtern ist immer wieder Gegenstand von psychologischen und neurologischen Untersuchungen.9) Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Händigkeit ein wichtiger Faktor ist, der die Richtung des Gesichtsprofils beeinflusst, obwohl die Effektstärke nicht groß ist. Insbesondere Rechtshänder neigen dazu, nach links gerichtete Profile zu zeichnen. Linkshänder zeigen jedoch nicht immer eine Tendenz nach rechts. Dies könnte daran liegen, dass sich Linkshänder auf eine rechtshändige Welt einstellen mussten.10)
"Rechts? Links? Heben Sie jetzt bitte die rechte Hand ...“ und dann hebt das Publikum die Linke. Da kann man sich dann schon mal wundern. Denn die vortragende Person macht es häufig falsch vor, indem sie ihre eigene rechte Hand hebt, was aus der Sicht des Publikums linksseitig ist. Und das orientiert sich optisch nach dem Vorbild. So ist die Richtung ebenso eine Frage des eigenen Standortes, oben auf der Bühne, oder unten im Publikum.
Oben? Unten? Auch wie die Sonne zu uns steht und ihr Verlauf, nennen wir es Zeit, dient uns als Orientierung. Auf der Nordhalbkugel schauen wir nach Süden, wo die Sonne am höchsten steht und die Zeit, der Verlauf der Sonne vom Aufgang bis Untergang bewegt sich von links nach rechts, so wie unsere Schreibrichtung. Auf der südlichen Halbkugel hingegen geht unser Blick nach Norden, wo die Sonne im Zenit steht und die Zeit bewegt sich von rechts nach links, also entgegen der Schreibrichtung. Dies ist keine neue Erkenntnis. Der Mensch orientiert sich schon seit jeher am Lauf der Sonne.11)
Was aber mag die beiden Marken mit dem Ursprung auf der Südhalbkugel, die Schuhputzmarke KIWI12) und die Fluggesellschaft QUANTAS13), dazu bewegt haben, die Blickrichtung ihrer Tiersymbole von links nach rechts zu tauschen? Welche plötzliche Wendung oder neue Erkenntnis über Standorte und Sonnenverlauf mag zu dieser Richtungsänderung geführt haben? Diese Fragen werden wir wohl auf den Stapel der ungeklärten Fälle legen.
Ins Gesicht
Ebenfalls auf diesem Stapel liegt noch die Frage, warum denn nun die lila Kuh von Milka nach 120 Jahren Westblick plötzlich nach Osten schaut. Ist es eine kommende Gefahr, der sie sich für uns entgegenstellt? Oder möchten die Verantwortlichen sie klammheimlich nach rechts verschwinden lassen, da Kuhmilch nicht mehr unserem Ernährungsgeist entspricht? Erfolgreiche Marken stehen nach wie vor für einen kontinuierlichen Wandel und nicht für einen radikalen Bruch. Egal ob ästhetische, sinnbildliche, kulturelle oder dem Zeitgeist geschuldete Gründe für die jeweilige Blickrichtung maßgebend sind und bei allem Respekt für gut gemeinte Veränderungen, ich will auch in Zukunft meiner Kuh zuerst ins Gesicht schauen.
Angaben zu Marken-, Nutzungs- und Urheberrechten
Bei den abgebildeten Wort-Bildmarken und Bildmarken handelt es sich um geschützte Marken, deren Rechte in diesem Artikel nicht berührt werden. Sie dienen in diesem Kontext ausschließlich als Zitat, um den Sachverhalt bzw. das Thema zu vermitteln. Die Markenrechteinhaber sind weder Initiatoren noch Herausgeber des Textes und stehen zum Zeitpunkt der Entstehung des Artikels in keinem Zusammenhang mit dem Verfasser.
Dieser Artikel stellt ein künstlerische und journalistische Auseinandersetzung mit den erwähnten Marken dar und verfolgt keinen Geschäftszweck. Er entspricht dem Grundrecht der Meinungs- und Kunstfreiheit. Daher gilt die Nennung und Abbildung von Marken nicht als markenmäßige Benutzung. Der Text und die Abbildung beschädigen weder das Ansehen noch das Image der genannten bzw. gezeigten Marke. Es wurde nach eigenen Recherchen auf eine originalgetreue und unverfälschte Wiedergabe geachtet.14)
Die genutzten Bildquellen und Urheber sind entweder angegeben oder von öffentlich frei zugänglichen Bildbanken übernommen und entsprechend gekennzeichnet. Sie verletzen kein Urheberrecht, da entweder eine entsprechende Lizenzvereinbarung existiert oder die ausdrückliche nichtkommerzielle Verwendung unter folgenden Lizenzvereinbarungen erlaubt ist: Wikimedia Commons oder Creative Commons (CC) Lizenzen.
Quellenangaben
1) Does left or right orientation matter in the perceived expressiveness of pictures? A study of Bewick's animals (1753 to 1828), Kate M Bennett, Richard Latto, Marco Bertamini and coauthors, School of Psychology, University of Liverpool, published 28 June 2010, S.979
2) Kinderzeichnungen, Empirische Forschungen und Interkulturalität unter besonderer Berücksichtigung von Ghana, Dissertation, Heidrun Wolter, 2007, S.77, S.267
3) //lfd-bw.de/thema-bildgestaltung-ii
4) Wikipedia: Links- und Rechtsverkehr
5) NZZ: Berühmte Linkshänder Genies, Künstler, Bösewichte, 01.03.2009, Scinexx,
6) Zur Kasse, Schnäppchen!: Warum wir immer mehr kaufen, als wir wollen, Prof. Dr. Willy Schneider, Prof. Dr. Alexander Hennig, 2010
7) Wikipedia: de.wikipedia.org/wiki/Marco_Polo
8) https://www.welt.de/geschichte/article230989795/Pest-im-Mittelalter-Der-Bruder-verliess-den-Bruder-die-Frau-den-Gatten.html
9) Left-Right Orientation in Profile Drawing, Barry T. Jensen, The American Journal of Psychology, Vol. 65, No. 1 (Jan., 1952), pp. 80-83, Published By: University of Illinois Press, www.jstor.org/stable/1418831
10) Studie: What affects facing direction in human facial profile drawing? A meta-analytic inquiry, Sümeyra Tosun (Department of Psychology, Süleyman Şah University, Istanbul, Turkey), Jyotsna Vaid (Department of Psychology, Texas A&M University, College Station, TX 77843-4235, USA), pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25669054/ - Seite 1388
11) www.diepresse.com/608964/bei-aborigines-lauft-die-zeit-von-osten-nach-westen
12) www.dieweltderschuhpflege.de/pflegemittel/54-kiwi-schuhcreme.html?jjj=1628243396974
13) www.qantasnewsroom.com.au/wp-content/uploads/2019/10/Qantas_Logo_Evolution.pdf
14) open-educational-resources.de/verwendung-von-marken-in-freien-bildungsmedien/
Bildquellen
(weitere Angaben)
Apple Image printanzeige: www.adstasher.com/2013/06/4-new-apple-print-ads-our-signature.html
Go West (1940) movie poster. Copyright by respective movie studios. Intended for personal use only and strictly forbidden to reproduce as printed posters. www.cinematerial.com/movies/go-west-i32536/p/rjbojsr5
Dschingis Kahn. Unbekannter Künstler, National Palace Museum in Taipei, Public domain, via Wikimedia Commons. theme.npm.edu.tw/khan/article.aspx?sno=03009223&uid=03009127&lang=
Napoleon Bonnaparte: Picture Alliance / Bianchetti/le