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Schönes Logo, oder?

Januar 2024 • 970 Wörter • Headerbild © Unsplash Douglas Bagg

Vielleicht denken wir, dass ein Logo vor allem schön sein muss, um erfolgreich zu sein. Aber was zählt wirklich? Entdecken Sie, warum Ästhetik nicht alles ist und was ein gutes Markenlogo wirklich ausmacht.

Hand aufs Herz: Würden Sie behaupten, dass das BMW-Logo schön ist oder tatsächlich die versprochene Freude ausstrahlt? Das IKEA-Logo mit seinen fetten Buchstaben und dem banalen Oval wirkt wie der schlechteste Vertreter skandinavischer Designkultur. Auch die gestrichelten Buchstaben von IBM sehen aus, als würden sie sich gleich auflösen – ein fragwürdiges Bild für intelligentes Silizium. Das schlanke M von McDonald’s, bekannt als „Golden Arch“, steht im Gegensatz zur angebotenen fettigen Kost. Und das Lidl-Logo? Einfach nur zum Wegschauen.

Warum sollten drei Streifen wirklich schöner sein als zwei? In meiner Jugend erinnere ich mich an abgebrochene Mercedes-Sterne, die sogar als Schlagringe zweckentfremdet wurden – ein Logo, das buchstäblich Narben hinterlässt.

Doch abgesehen von solchen negativen Assoziationen haben all diese Logos eines gemeinsam: Sie schaffen Identität. Sie lösen Bilder im Kopf aus, sind unverwechselbar in einem Meer aus Zeichen und Symbolen und weltweit bekannt.

Und das alles, obwohl sie nicht unbedingt „schön“ sein müssen. Ein Logo muss nicht einmal perfekt zum Produkt passen, um erfolgreich zu sein. Aber was braucht es dann wirklich?

Logos – ob Schriftzüge oder Symbole – gehören zu den „gelernten Zeichen“. Wie Vokabeln einer Sprache lernen wir ihre Bedeutung durch ständige Wiederholung. Ihre Einprägsamkeit und Unterscheidbarkeit sind entscheidend für den Lernerfolg. Ein Logo muss sich von anderen abheben, auffallen und herausstechen – das Auge muss daran hängen bleiben. Dabei kann manchmal auch das vermeintlich Hässliche helfen, das unser ästhetisches Empfinden herausfordert. Einfach, weil es stört.

Es ist die Idee

So weit, so gut. Aber wir wollen uns weiterentwickeln. In einem Workshop in Berlin versuchte unser Creative-Directors-Team, absichtlich hässliches Design zu entwickeln. Das Ziel war, einen neuen Blick auf das Schöne zu gewinnen. Die Idee kam von unserer Personalentwicklerin. Der Erfolg war eher mäßig. Zum „Hässlichmachen“ sind wir Designer nicht erzogen worden.

Wir sind neidisch auf die Erfinder des TUI-Logos. Es formt aus drei Buchstaben ein Lächeln. Und auf die stempelartige, verführerisch lächelnde Meerjungfrau von Starbucks, die sogar zwei Flossen hat. Aber es ist nicht die Form, die uns berührt. Es sind die Geschichten dahinter. Übrigens war das TUI-Logo nicht das Werk eines Designers oder einer Designerin. Es war die Idee einer Marketing-Praktikantin, die ihre Skizze auf einer Post-it-Notiz festhielt.

Man braucht also nicht unbedingt einen Designer, um ein gutes Logo zu schaffen. Aber eine Idee ist unerlässlich. Der Rest ist Handwerk.

Mit Absicht geklaut

In einer Stellungnahme in der Fachzeitschrift Horizont bezeichnet eine Kreativdirektorin das neue Douglas-Kosmetik-Logo als ästhetisch und schön. Sie möchte ihre Kollegen aus der Hansestadt nicht kritisieren. Doch zwei kreisförmig verschlungene Buchstaben sind nichts anderes als eine Kopie des Chanel-Monogramms. Immerhin bieten sie mit ihrer Form etwas, woran das Auge am Schriftzug hängen bleibt – wie die kaputten Latten im Zaun.

Über die gestalterische Qualität und Ausgewogenheit des Schriftzugs, der eher einer Buchstabenreihe ähnelt, können sich verschiedene deutsche Designexperten ausgiebig auslassen. Aber im Grunde geht es dabei nur um das Geschick der ausführenden Hand – also um das Handwerk, das Designer beherrschen sollten. Der Schriftzug schreit nahezu seine Beauty-Kategorie heraus und scheint keine eigene Idee zu benötigen. Stimmt! Als Markenzeichen des „Hauses der Schönheitsmarken“ will er nicht mit den Marken konkurrieren, sondern ihnen lediglich die Bühne bieten, Chanel inklusive.

 

In Schönheit sterben

Als unvoreingenommene Konsumenten akzeptieren wir ein Logo so, wie es ist. Denn im Moment der Wahrnehmung passiert etwas: In unserem Kopf entstehen Assoziationen und Bilder - genau das, was der Besitzer des Logos erreichen will. Wir fahren damit oder tragen es spazieren und fühlen uns zugehörig. Ein Logo ist Aushängeschild und Wegweiser zugleich und braucht nur bedingt Ästhetik. Letztlich nehmen wir es meist nur unbewusst wahr.

Designer haben den Ruf, oft nur das zu zitieren, was sich bewährt hat und allgemein als schön gilt. Sie gewinnen Preise für gutes Design, das leider nicht kommerziell erfolgreich ist und oft nur für das Portfolio taugt. Sicher, Designer sind Augenmenschen und können mit Bildern und Zeichen Geschichten erzählen. Aber können sie auch neue erfinden? Das sollten sie. Aber sie sehen mehr als sie lesen und sind ästhetisch geschult. Für Logos braucht man das aber nicht unbedingt.

Außerdem wird das vermeintlich Schöne ohnehin oft übersehen, geht im Alltag unter oder hängt vom Geschmack des Betrachters ab. Die Gefahr ist groß, dass ein Logo zwar schön gestaltet ist, aber dadurch banal wird und gerade deshalb übersehen wird. „In Schönheit sterben - die in Beauty“ oder „too slippery to grip“ - zu glatt zum Greifen. Bei n-tv kann man abstimmen, ob man das neue Logo von BMW schick oder hässlich findet. Eine andere Bewertungsmöglichkeit scheint ihnen nicht eingefallen zu sein. 

Wie stark Markenidentität mit Gewohnheiten und Emotionen verbunden ist, zeigt die Logo-Affäre der amerikanischen Modekette GAP. Nachdem GAP sein neues Logo vorgestellt hatte, löste es einen Sturm der Entrüstung aus. Die Kunden fühlten sich mit dem modernen Schriftzug nicht verbunden. Das alte Logo mit seinen weit auseinander stehenden Buchstaben war den Menschen vertraut und hatte sich über die Jahre zu einem emotionalen Markenzeichen entwickelt. Die Rückkehr zum alten Design war daher weniger eine Frage der Ästhetik als vielmehr ein Bekenntnis zu Bewährtem. Der Fall erinnert daran, dass gewachsene Markenbilder und Symbole nicht leichtfertig aufgegeben werden sollten - eine Form der inneren Schönheit, die durch Vertrautheit entsteht.

Link: https://www.n-tv.de/auto/Neues-BMW-Logo-schick-oder-haesslich-article21618089.html

Link: www.thebrandingjournal.com/2021/04/learnings-gap-logo-redesign-fail/

Alles, ausser schön

Eines ist klar: Ein Logo muss nicht schön sein. Sein Erfolg hängt von anderen Faktoren ab. Es muss funktional sein, erkennbar - ob groß oder klein, auf Gebäuden oder im Internet, auf jedem Hintergrund. Es muss im kulturellen, sozialen und geschäftlichen Kontext sowie von der Öffentlichkeit akzeptiert werden. Und es muss auf Produkte und Dienstleistungen übertragbar sein. Wir finden es nur deshalb schön, weil wir das, wofür es steht, schön und wichtig finden.

Anmerkung

„In Schönheit sterben.“ Die Redewendung stammt aus Henrik Ibsens Drama »Hedda Gabler« (III, 7), in dem die Titelheldin Hedda Lövborg, der seinem Leben ein Ende setzen möchte, eine ihrer Pistolen mit der makabren Bemerkung übergibt, er möge seinen Selbstmord „schön“ ausführen.

Heute wird die Redewendung umgangssprachlich verwendet, um auszudrücken, dass sich etwas trotz guter Qualitäten nicht durchsetzt. Zum Beispiel im Sport, wenn eine Mannschaft zwar schön spielt, aber ohne Zielstrebigkeit verliert.

Im Designbereich bezieht sie sich auf etwas, das nett oder dekorativ ist, vielleicht sogar den Anforderungen entspricht, aber an Substanz oder Griffigkeit fehlt, um wirklich einprägsam zu sein – etwas, das schön anzusehen, aber kommerziell erfolglos bleibt, oder eine gute Idee, die sich leider nicht durchsetzt.

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